Warum Sprossen selber ziehen

Sprossen, Keimlinge selber ziehen – eine Faszination
 Seit jeher beschäftigen sich Menschen mit Sprossen, diesen kleinen Wundern der Natur. Gerade Kinder sind fasziniert vom Prozess des Keimens, der so schön die Lebensenergie von Pflanzen veranschaulicht. Ein bis zwei Tage des Wartens werden belohnt mit dem Herausschießen des Sprosses. Etwas Eigenes für sich zum Essen zu erzeugen ist vielleicht ein tief in uns verwurzelter Wunsch, der sich in Freude über frische, knackige Keimlinge ausdrückt. 

Warum soll ich überhaupt Sprossen oder Keimlinge selber ziehen und essen?  (Warum überhaupt Sprossen essen?)

Eine Einleitung: Das Wunder „Korn - Keimsaat“
Das unbehandelte, trockene, schlafende Korn ist ein Speicher von verschiedensten Vitalstoffen als Basis für das Wachstum der Pflanze, die aus diesem Korn entspringen soll. Eigentlich sind diese rohen, trockenen Körner nicht dazu gedacht, um so gegessen zu werden. Sie befinden sich in einer Art Schlafzustand und wollen geweckt werden, damit das Wachstum der Pflanze einsetzen kann. Quasi scheintot warten die Saaten auf den Weckruf. 

Zusätzlich hat es die Natur eingerichtet, dass die Körner in ihrer Schlafphase geschützt sind, wie z.B. gegen Fraßfeinde oder ungünstigen Temperaturen. Diesen Schutz übernehmen sog. Inhibitoren, die für Fraßfeinde giftig sind. Auch wir Menschen haben des Öfteren Probleme mit diesen Schutzstoffen. 

Eine weitere Eigenheit der schlafenden Körner liegt darin, dass die gespeicherten Stoffe – Kohlenhydrate, Fette, Eiweiß, Mineralstoffe, Vitamine, sekundäre Pflanzenstoffe usw. – in einer Form gespeichert sind, die für das Wachstum der Pflanze nicht unmittelbar genutzt werden kann. Sie sind also nicht bioverfügbar. Das mag ein Grund dafür sein, dass viele Menschen Unverträglichkeiten beim Konsum von Getreideprodukten, Nüssen und Samen allgemein haben. 

So kommen wir nun zum Punkt des Keimens bzw. Sprossenziehens. 

Was passiert beim Sprossenziehen bzw. Ankeimen?
Sobald das trockene, schlafende Korn mit Feuchtigkeit bei milder Umgebungstemperatur in Berührung kommt, geschieht ein Prozess, der mit „Zum Leben erwecken“ verglichen werden kann. Sobald Feuchtigkeit durch eine winzige Öffnung des Korns eindringt, übernehmen im Korn gespeicherte Enzyme das Geschehen. Enzyme sind Substanzen, die für praktisch alle Lebensprozesse notwendig sind. In den Samen finden Ab-, Um- und Aufbauvorgänge statt, die den Nährwert der jungen Pflanze erheblich steigern. 

Abbauvorgänge:
Die Korn enthaltenen Schutzstoffe werden durch das Keimen abgebaut. Der Same muss nicht mehr geschützt werden. Unter anderem wird der Gehalt an blähend wirkenden Kohlenhydraten Stachyose und Raffinose abgebaut. Phytinsäure, welche eine hemmende Wirkung auf die Resorption von Mineralstoffen hat, wird erheblich reduziert. Ebenso abgebaut werden Protease-Inhibitoren, welche die Aufspaltung von Proteinen in Aminosäuren hemmen.

Allerdings soll auch erwähnt werden, dass gerade diese sogenannten Giftstoffe auch eine erhebliche, gesundheitsfördernde Wirkung haben dürften. Zahlreiche Studien belegen diese. (Für Interessierte siehe dazu Leitzmann et al. „Vollwert-Ernhährung“) 

Umbauvorgänge:
Die gespeicherten Nährstoffe Fett, Kohlenhydrate und Proteine/Eiweiße werden durch die Enzymtätigkeit derart umgebaut, dass sie der Jungpflanze für ihr Wachstum zur Verfügung stehen. In der Form, wie sie im Korn gespeichert sind, ist das nicht möglich. 

Aufbauvorgänge:
Der Gehalt an Vitaminen wird im Keimprozess teilweise um ein Vielfaches gesteigert. Ebenso bestimmte Mineralstoffe und die für die Verdauung besonders wichtigen Ballaststoffe nehmen deutlich zu.  

Fazit:
Das „schlafende“ Korn hat zwar ein riesiges Potential, jedoch wird dieses erst durch den Keimprozess aktiviert. Die Dichte an Nähr- und Vitalstoffen ist nach 2-3 Tagen Keimdauer die höchste, die die Pflanze in ihrem ganzen Leben haben kann. Durch die Tätigkeit der Enzyme im Korn werden die gespeicherten Stoffe bioverfügbar gemacht, d.h. sie stehen uns in leicht verdaulicher Weise zur Verfügung. Dadurch wird zusätzlich unser körpereigener Speicher an Enzymen entlastet, da unser Körper weniger Enzyme für die Verdauung bereitstellen muss.

Last but not least ist zu erwähnen, dass Keimlinge und Sprossen im wahrsten Sinn des Wortes LEBENSmittel sind. Andere Nahrungsmitteln befinden sich in einem Abbauprozess, sobald sie geerntet, verarbeitet oder, wie bei Tieren, geschlachtet werden. Sie sind von den Lebensprozessen, sprich Zellaufbau, abgeschnitten. Bei Keimlingen findet Zellteilung sogar noch während des Essens statt.

Schlagwörter: Keimling, Sprossen

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